Frühstück in Machala. Wie (fast) immer (in Hotels) gibt es Rührei, Margarine und Marmelade mit Brot, dazu ein Glas "jugo" (= Saft) und eine Tasse Milch, in der man Kaffee lösen kann. Ein sogenanntes desayuno continental.
Gestärkt mache ich mich mit Rahel auf den Weg nach Puerto Bolívar. Der ca. 15-Minuten-entfernte Hafen ist der Ausgangspunkt für Bootsfahrten auf die nahegelegene Insel Jambelí.
Mehrere ineinander verschlungene Mangroveninselchen bilden das "Archipiélago de Jambelí", das neben Krebsen, Muscheln und Leguanen über 75 Vogelarten beheimatet.
Mit einem Langboot geht es von Puerto Bolívar aus in 30 Minuten zur Inselgruppe.
Wir steigen aus und begeben uns erstmal auf einen Rundgang über die Insel, auf der wir gelandet sind. Wie in meinem Reiseführer beschrieben, scheint unter der Woche nicht so viel los zu sein und der Sandstrand ist quasi menschenleer. Die vielen Restaurants an der Strandpromenade versuchen alle, uns für sich zu gewinnen aber noch lehnen wir dankend ab.
Wir beschließen, zuerst die Mangroven zu erkunden. Leider stimmt die Auskunft meines Reiseführers nicht mit der Auskunft der Inselbevölkerung überein. Es scheint wohl nicht so üblich zu sein, die Kanäle zwischen den Mangroven entlang zu schippern.
Etwas enttäuscht warten wir auf dem Bootssteg und denken über weitere Pläne nach. Dann spricht uns ein Mann an. Eingefallenes Gesicht, eine hagere Figur und eine ausgewaschene Baseballkappe auf dem Kopf. Wir werden gefragt, auf was wir warten und wir erklären unseren eigentlichen Plan. Der Mann fragt, ob wir immer noch Lust haben, die Mangroven von Nahem zu sehen und als wir dies bejahen meint er, er könne uns mit seinem Kanu mitnehmen.
Nachdem er das einfache Kanu noch extra für uns geputzt hat, steigen wir ein und lassen uns von ihm über das Wasser manövrieren. Alfredo (so heißt der Mann) ist 78 Jahre alt und wird (was wir "live" miterleben) eigentlich nur "pájarito" (= Vögelchen) genannt. Mit 12 Jahren ist er zur Marine gekommen und arbeitete ca. 50 Jahre bei der Seefahrt. Als wir erwähnen, dass wir aus Deutschland kommen, erzählt er uns (in verständlichem Deutsch), dass er mal einen deutschen Kollegen - Manfred aus Mannheim - hatte, mit dem er über 20 Jahre über die Weltmeere schipperte. Von Deutschland kenne er aber nur Bremerhaven und Hamburg.
Seit 12 Jahren lebt Alfredo nun mit nur 50 anderen Familien auf Jambelí.
Neben seiner eigenen interessanten Lebensgeschichte erfahren wir von Alfredo auch Vieles über die Insel. Der Name "Jambelí" komme beispielsweise daher, dass ausgehungerte Seeleute auf Jambelí eine Fülle an Früchten und Meerestieren fanden. "Jambelí" sei der Ausruf der Freude gewesen, als die Seeleute die leckeren Nahrungsmittel verspeisten :D.
Außerdem lernen wir, dass der "süße" Sand und das salzige Wasser die idealen Nährstoffe für die Mangroven bereit stellen. Bis ein Mangrovenbaum so groß ist, wie wir ihn vor uns haben dauere es ca. 100 Jahre. Die Samen, die mich an Krebsbeine erinnern, wachsen an den Bäumen und fallen, sobald sie reif sind herunter, wo sie neue Wurzeln schlagen. Gerade ist "Ebbe". Bei "Flut" ist der Wasserspiegel um bis zu 6m (!!!) höher.
Während der Kanufahrt sehen wir viele verschiedene Vögel und zwei Leguane, haben den schlammigen, stinkenden Sand in den Händen und lassen die Füße im Wasser baumeln. Und natürlich sehen wir die Mangrovenbäume, deren Wurzeln sich wie schlanke Finger in den Schlamm bohren.
Als die Fahrt vorbei ist, verabschieden wir uns dankend von Alfredo, der noch meint, wir müssen unbedingt noch einmal zu Besuch kommen, bevor wir Ecuador verlassen.
Auf dem Steg, auf dem wir zuvor gewartet haben, bietet sich uns jetzt ein herrliches Bild. Drei Backpacker (2 Australier, eine Deutsche) sitzen auf einem Bänkchen vor dem ein langhaariger Chilene (wie wir später erfahren) munter seine Mandoline (?) spielt und klopfen im Takt dazu.
Mich fesselt das Bild und als ich ein paar Sekunden des Spektakels aufnehme, grinst der Chilene noch ein bisschen breiter in die Kamera während er weiterhin sein Liedchen schmettert.
Die Möglichkeit, das erste Mal im ecuadorianischen Pazifik baden zu können lassen wir uns natürlich nicht entgehen und so werfen wir uns wenig später in die überraschend warmen Fluten.
Ach ja: falls jemand zwei jugendliche "Gringas" am Strand gesehen hat, die wie kleine Kinder Muscheln gesammelt haben - das müssen wohl Rahel und ich gewesen sein :D. Neben den Muscheln haben wir übrigens einen toten Fisch mit einem sehr dämlichen Grinsen gefunden.
Nur schwer kann ich mich von diesem Ort losreißen aber gegen 16 Uhr ist die Zeit dann gekommen und es geht zurück nach Puerto Bolívar.
Wir sammeln unser Gepäck ein, das wir im Hotel gelagert hatten und steigen dann (wie die letzten Tage so oft) mal wieder in einen Reisebus. Ziel: Zaruma.
Das kleine Goldgräberstädtchen sei (laut meinem Reiseführer) noch wenig von Touristen heimgesucht.
Gegen 21 Uhr kommen wir an. Da wir morgen schon wieder die Rückreise nach Puyo planen, erkundigen wir uns gleich, wie wir zurück kommen.
Wir folgen einer Straße zu einem Busunternehmen, das uns zurück nach Ambato bringen soll. Leider ist das Büro schon zu und so können wir die Tickets erst morgen kaufen.
Auf der Straße begegnen wir einer Frau mittleren Alters, die gerade den Gehweg fegt. Sie spricht uns an. Wir erklären ihr, dass wir eigentlich Bustickets kaufen wollten, jetzt aber auf dem Weg ins Zentrum sind, um nach einem Hostal zu suchen. Ohne lange zu überlegen, geht sie ins Haus und ruft uns ein Taxi, denn das sei "más seguro" (= sicherer). Nach ein bisschen Smalltalk ist das Taxi da. Sie sagt dem Taxifahrer ein Hostal, zu dem er uns bringen soll. Falls dies voll sei, können wir aber zurück kommen und bei ihr schlafen. Auch ansonsten sind wir bei ihr herzlich eingeladen.
Ich bin gerührt von ihrer Fürsorge und Herzlichkeit. Später beschließen Rahel und ich morgen mit frischen Backwaren bei ihr zum Kaffeetrinken vorbei zu schauen.
Das Hostal, das die Frau dem Taxifahrer gesagt hat, hat noch ein Zimmer frei und ein älterer, sehr freundlicher Herr führt Rahel und mich in unser gemütliches Zimmerchen.
Drei Betten mit himmelblauen Decken stehen im Raum, ein kleines aber sauberes Bad befindet sich hinter einer Holztür und frische Handtücher und Seife liegen auf einer Kommode bereit.
Wenn wir aus der Tür treten, stehen wir auf einem Balkon von dem wir auf den Mittelpunkt Zarumas - den Plaza de la Independencia - blicken können.
Zaruma gefällt mir auf Anhieb. Beim kurzen Ausflug zu einem kleinen Minimarkt, fallen uns besonders die schön dekorierten Häuserzeilen auf, die mich ein bisschen an den Wilden Westen erinnern, nur in friedlicher :D.
Ich freue mich schon sehr darauf, morgen alles bei Tageslicht zu sehen und die nette, hilfsbereite Frau von vorhin wieder zu treffen.
In diesem Sinne geht ein (weiterer) wunderbarer Tag zu Ende.
Ich sende euch die allerliebsten Grüße und hoffe, es geht euch gut. Bis bald, eure
Clara
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