Die kleinen Dinge des Lebens.
Warum ich gestern nicht geschrieben habe? Nun ja, es gibt einfach Tage, an denen nichts Spektakuläres passiert. Das einzig außergewöhnliche, was gestern passiert ist, war die Nachricht, dass Alexandra, die Lehrerin aus der aula neben mir, ihr Kind bekommen hat. Obwohl sie schon echt hochschwanger war, kam es für mich ein wenig überraschend, da sie am Montag noch in der Schule war :O.
Aber jetzt zu heute:
Oft sind es Begegnungen und Kontakte, die mich realisieren lassen, wirklich hier zu sein. Sie lassen kleinere oder größere Spuren in meinem Herzen zurück und machen diese ganze Erfahrung hier in Ecuador lebendig.
Morgens, wenn der Schulbus auf seinen Parkplatz fährt, kann ich mir schon sicher sein, dass 2-3 meiner Kinder vor der aula stehen und wie wild anfangen zu winken, wenn sie mich sehen. Sobald ich dann aussteige bin ich umringt von Kindern und es gibt erstmal ein großes Hallo.
Heute spiele ich mit den Kindern in der cancha. Auch zwei andere Gruppen spielen mit. So kommt es, dass einer der größeren, fitteren Jungs anfängt, mit den Kindern Fange zu spielen. Als ich irgendwann mit einsteige, dreht sich alles darum, dass Tito (der ältere Junge) sich für meine Kitzelattacke rächen will. Also renne ich durch die cancha gefolgt von einer Horde Kinder, die mir am T-Shirt hängen und an den Händen zweier Mädchen, die mich "beschützen" wollen.
Sobald ich nach der Verfolgungsjagd (die ich übrigens verliere, da mir zu viele Kinder im Weg stehen, die mir eigentlich nur helfen wollen :D) zur Ruhe komme, erwartet mich schon strahlend Eduarda, die weiß, dass ich es ihr einfach nicht abschlagen kann, wenn sie sich an mich kuschelt.
Auf dem Trampolin mache ich mit den Kindern "Fliegerle" (ich liege auf dem Rücken und drücke die Kinder auf meinen Füßen liegend nach oben), was sie so klasse finden, dass sie vor lauter Lachen ihre Spucke nicht im Mund behalten können und ich regelmäßig im Spuckeregen stehe (bzw. liege) :D.
In der Stadt spricht Rahel und mich ein Mann an, als wir in einer Warteschlange stehen. Er erkennt sofort, dass wir Deutsche sind und führt den üblichen Smalltalk (seid ihr Touristen? Wo arbeitet ihr? Wie lange bleibt ihr?). Wir erfahren, dass er ebenfalls eine deutsche Freiwillige kannte, denn "hay muchos alemanes en el Ecuador" (= es gibt viele Deutsche in Ecuador) und 9 Jahre in Spanien gewohnt hat. Anders als die große Mehrheit in Puyo spricht er Englisch und sogar ein bisschen Französisch. Als Rahel und ich an der Reihe sind, verabschiedet er sich mit "mucho gusto" (= sehr erfreut). Ich antworte mit "mucho gusto también" (= ebenfalls sehr erfreut) und meine das auch wirklich so.
Als Rahel und ich später auf den Bus warten, sitzt eine Frau mit einem Kleinkind neben mir. Das kleine Mädchen hangelt sich am Geländer entlang zu mir und schaut mich mit großen Augen an. Sei es meine Haut- oder Haarfarbe, irgendwie scheint es sie zu verwirren. Die Mutter lacht und meint (ganz nach ecuadorianischer Liebe zu Komplimenten) zu ihrer Tochter "wenn du mal groß bist, wirst du auch so ein wunderschönes Mädchen". Zufälligerweise treffe ich die selbe Frau später nochmal und sie grüßt mich freundlich.
Im Bus werde ich auf einmal von Victoria (eine unserer Englischschülerinnen) überrascht, die mir von hinten ein Küsschen auf die Haare drückt.
Irgendwie berühren mich solche Gesten / Gespräche / Reaktionen, seien sie noch so klein und unbedeutend immer wieder auf's Neue.
Da mir ein Post über zwischenmenschliche Kontakte ohne ein einziges Bild von irgendwelchen Menschen merkwürdig vorkommt, lade ich hier jetzt noch zwei Porträts hoch, die ich neulich gemacht habe. Beide von Kindern aus meiner Gruppe: Liliana und Michael.
Ich lerne hier, offen zu sein für jede Umarmung, jedes Gespräch und jeden Menschen, denn ich habe hier etwas, das ich in Deutschland wenig hatte: Zeit, und davon reichlich.
In diesem Sinne wünsche ich euch allen einen glücklichen Tag mit vielen Umarmungen und netten Gesten.
Bis dann, eure
Clara
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