Pause(nlos).
Da es Jhoel schwer fällt, sich zu konzentrieren und an einem Ort zu bleiben, ist Luis täglich quasi pausenlos auf der Suche nach ihm. Somit wird die Unterrichtsdurchführung in den letzten Tagen immer öfters mir übertragen.
Inzwischen kann ich mir innerhalb kürzester Zeit Aktivitäten mit den Kindern überlegen, was allerdings auch notwendig ist, denn sobald man ihnen eine Pause gibt, sinkt die Konzentration und die Motivation zu arbeiten erheblich. Während ich also heute mit den Kindern die Zahl "3" wiederhole, male ich kurzerhand einen Schmetterling, dessen rechte Flügelform der Zahl "3" entspricht und die Kinder zeichnen die Zahl / den Flügel nach bzw. bekleben sie / ihn mit Wolle. Auf Wegen wie diesen versuchen wir den Kindern, simple Dinge beizubringen. In meiner Gruppe geht es nämlich weniger um den akademischen Fortschritt der Kinder, sondern viel mehr darum, dass sie lernen, sich in ihrer Umgebung zurechtzufinden und zu wissen, wie sie sich dort dann verhalten.
Nach der offiziellen Pause um 10.30 Uhr gibt es im großen Versammlungsraum eine Veranstaltung. Da heute der internationale Tag gegen die Gewalt gegenüber Frauen ist, wird mit den Kindern ein wenig darüber gesprochen, es wird ein Video gezeigt und den Kindern wird nahe gelegt, dass sie, sobald sie einer solchen Situation begegnen, zu ihren Lehrern gehen können.
Alles bekomme ich nicht mit, da ich pausenlos beschäftigt bin, kleinere Problemchen zu lösen. Da wäre zum Beispiel
- Matías, der in voller Montur in den Whirlpool gesprungen ist, weshalb ich nach Wechselkleidung suche (Anmerkung; im Instituto gibt es einen Whirlpool, indem zusammen mit den Physiotherapeutinnen Hydrotherapie stattfindet. Manchmal dürfen dann während der Pause auch andere Kinder baden gehen.)
- Carlos, der Abigail einfach ihr Spielzeug nicht mehr wieder geben will
- Eduarda, die ständig meinen Körperkontakt sucht und bei der ich vermute, dass sie Fieber hat
Noch dazu versuche ich, irgendwie alle Kinder beisammen zu behalten.
Nachdem bei Schulende alles wieder in trockenen Tüchern ist (bei Matías sogar wortwörtlich :D) bin ich froh, als ich mir beim Mittagessen endlich eine Pause können kann.
Eigentlich war heute geplant noch Englischunterricht zu geben (ein neues Projekt, das wir Puyo-Freiwilligen zusammen auf die Beine stellen) und zur bailoterapia zu gehen. Das alles wäre fast nahtlos ineinander übergegangen und es hätte kaum Pausen dazwischen gegeben.
Da ich allerdings nach dem Mittagessen Bauchschmerzen bekommen habe, entscheide ich mich dazu, nach Hause zu gehen und meinen ersten Englischunterricht nächste Woche zu geben (da wir immer zu dritt an einem Tag Unterricht geben, ist mein Fehlen nicht so tragisch gewesen).
Inzwischen kenne ich die Kinder meiner Gruppe schon relativ gut. Trotzdem ist es immer wieder interessant, zu erfahren, was ich nur durch den Umgang mit den Kindern nicht wissen kann. Deshalb habe ich mir heute die Mappen der Kinder, in denen die Evaluationsbögen und weitere Informationen enthalten sind, mitgenommen. In meiner doch eher unfreiwilligen Pause fange ich also an, Mappe für Mappe mehr über die Kinder zu lernen.
Nach einem stressigen Schultag und einem durch Bauchschmerzen geprägten Nachmittag bin ich froh, jetzt schlafen gehen zu können.
Liebe Grüße aus Puyo, eure
Clara
Ergänzung: da meine Bauchschmerzen immer noch nicht weg sind, werde ich morgen nicht ins Instituto gehen. Es besteht allerdings kein Grund zur Sorge um mich, denn solange ich noch Blog schreiben kann, sind die Schmerzen noch ertragbar ;). Außerdem arbeite ich schon daran, den Bauchschmerzen den Kampf anzusagen.