El Río Pastaza

El Río Pastaza
Become friends with people who aren't your age. Hangout with people whose first language isn't the same as yours. Get to know someone who doesn't come from your social class. This is how you can see the world. This is how you grow. - Unknown

Montag, 30. November 2015

Tag 91 & 92

Krank
bei Regenwetter
nichts tun können
Genesung mit Erdbeertrifle, Reiseplänen
Langeweile





Samstag, 28. November 2015

Tag 90

Regen, Regen, Regen.
Im Wort "Regenwald" steckt ja eigentlich schon das Wort "Regen"... ich wusste also, auf was ich mich einlasse, als ich mich dafür entschieden habe, in ein Städtchen im Regenwald zu ziehen.
Trotzdem bin ich sehr erstaunt, wie viel Regen an einem Tag möglich ist - und die Regenzeit soll noch nicht mal ihren Höhepunkt erreicht haben :D.
Seit ein paar Tagen regnet es mehrmals täglich (ich würde fast behaupten, dass es mehr regnet, als dass es nicht regnet).
Der ganze Regen hat sowohl Vor- als auch Nachteile.
Einerseits verdanken wir ihm die wunderschöne Vegetation und Artenvielfalt hier, andererseits müssen Rahel und ich uns anschreien, wenn wir uns im Apartment unterhalten wollen, Musik hören und Filme schauen kann man gleich vergessen und wenn man mal außer Haus geht (vorausgesetzt man findet einen halbwegs begehbaren Weg durch die Schotterstraßen), kann man sich sicher sein, dass man immer, aber auch wirklich immer, pitschnass am Ziel ankommt :D.

Da ich, wie erwähnt, schon wirklich beeindruckt bin, wie viel es jetzt regnet, bin ich sehr gespannt, inwiefern sich das noch steigern kann ;).
Übrigens: wo wir an einem Ort zu viel Wasser haben, haben wir anderorts zu wenig. Seit ein paar Tagen setzt unser Leitungswasser nämlich immer mal wieder für ein paar Stunden aus.
Aber man lernt, damit umzugehen und so haben wir schon etliche Tricks herausgefunden, um auch diese Stunden komfortabel zu überdauern ;).
Ein schönes Wochenende wünscht euch eure
Clara

Freitag, 27. November 2015

Tag 89

Anruf vom anderen Ende der Welt und Quimbolitos 2.0.
Da ich heute, wie gesagt, zuhause bleibe, habe ich viel Zeit, mich um die Sachen zu kümmern, die etwas auf der Strecke geblieben sind. Ich lese mir weiter die Informationsmappen der Kinder durch und kümmere mich um meine Kontakte in Deutschland.
Außerdem sind eine Freundin, die gerade in Indien ist, und ich zufällig gleichzeitig in Skype online. Trotz 11 Stunden Zeitunterschied und über 16.000 Kilometer Luftlinie zwischen uns, schaffen wir es zumindest für ein paar Minuten uns zu sehen. Leider hat sie gerade kein gutes Internet zur Verfügung, weshalb unser Gespräch wirklich sehr kurz bleibt aber dennoch bin ich irgendwie begeistert, wie einfach es ist, am anderen Ende der Welt anzurufen :D.
Was meinen Tag außerdem noch ein bisschen spannender macht, ist, dass Paulina vorbei kommt und wieder Quimbolitos macht. Diesmal bin ich sogar bei der Zubereitung dabei und Paulina ist glücklich, dass sie mir zeigen kann, wie man die Quimbolitos macht, da sie im Gegenzug darauf hofft, dass ich ihr die Rezepte für meine Kuchen gebe ;).
Während ich mit einer Gabel und später mit einem Löffel den Teig zusammenrühre, stehe ich unter der strengen Aufsicht von Ruth und Paulina, die schauen wollen, ob ich eine "gute Hand" habe :D.
Anscheinend habe ich den Test bestanden, denn Paulina ist mit dem Ergebnis sehr zufrieden.
Trotz Bauchschmerzen muss ich die Quimbolitos natürlich probieren und tatsächlich sind diese einfachen Küchlein immer wieder lecker.
(Anmerkung: Mama, Papa, Luis - ihr könnt euch auf unseren diesjährigen Weihnachtsnachtisch wirklich freuen :D).





Leider sind meine Bauchschmerzen immer noch nicht ganz weg, weshalb ich wohl morgen nochmal zuhause bleibe um am Montag wieder gesund zu den Kindern zurück zu kehren.
Bis morgen und natürlich ganz liebe Grüße aus Ecuador, eure
Clara

Donnerstag, 26. November 2015

Tag 88

Pause(nlos).
Da es Jhoel schwer fällt, sich zu konzentrieren und an einem Ort zu bleiben, ist Luis täglich quasi pausenlos auf der Suche nach ihm. Somit wird die Unterrichtsdurchführung in den letzten Tagen immer öfters mir übertragen.
Inzwischen kann ich mir innerhalb kürzester Zeit Aktivitäten mit den Kindern überlegen, was allerdings auch notwendig ist, denn sobald man ihnen eine Pause gibt, sinkt die Konzentration und die Motivation zu arbeiten erheblich. Während ich also heute mit den Kindern die Zahl "3" wiederhole, male ich kurzerhand einen Schmetterling, dessen rechte Flügelform der Zahl "3" entspricht und die Kinder zeichnen die Zahl / den Flügel nach bzw. bekleben sie / ihn mit Wolle. Auf Wegen wie diesen versuchen wir den Kindern, simple Dinge beizubringen. In meiner Gruppe geht es nämlich weniger um den akademischen Fortschritt der Kinder, sondern viel mehr darum, dass sie lernen, sich in ihrer Umgebung zurechtzufinden und zu wissen, wie sie sich dort dann verhalten.
Nach der offiziellen Pause um 10.30 Uhr gibt es im großen Versammlungsraum eine Veranstaltung. Da heute der internationale Tag gegen die Gewalt gegenüber Frauen ist, wird mit den Kindern ein wenig darüber gesprochen, es wird ein Video gezeigt und den Kindern wird nahe gelegt, dass sie, sobald sie einer solchen Situation begegnen, zu ihren Lehrern gehen können.
Alles bekomme ich nicht mit, da ich pausenlos beschäftigt bin, kleinere Problemchen zu lösen. Da wäre zum Beispiel
- Matías, der in voller Montur in den Whirlpool gesprungen ist, weshalb ich nach Wechselkleidung suche (Anmerkung; im Instituto gibt es einen Whirlpool, indem zusammen mit den Physiotherapeutinnen Hydrotherapie stattfindet. Manchmal dürfen dann während der Pause auch andere Kinder baden gehen.)
- Carlos, der Abigail einfach ihr Spielzeug nicht mehr wieder geben will
- Eduarda, die ständig meinen Körperkontakt sucht und bei der ich vermute, dass sie Fieber hat
Noch dazu versuche ich, irgendwie alle Kinder beisammen zu behalten.
Nachdem bei Schulende alles wieder in trockenen Tüchern ist (bei Matías sogar wortwörtlich :D) bin ich froh, als ich mir beim Mittagessen endlich eine Pause können kann.
Eigentlich war heute geplant noch Englischunterricht zu geben (ein neues Projekt, das wir Puyo-Freiwilligen zusammen auf die Beine stellen) und zur bailoterapia zu gehen. Das alles wäre fast nahtlos ineinander übergegangen und es hätte kaum Pausen dazwischen gegeben.
Da ich allerdings nach dem Mittagessen Bauchschmerzen bekommen habe, entscheide ich mich dazu, nach Hause zu gehen und meinen ersten Englischunterricht nächste Woche zu geben (da wir immer zu dritt an einem Tag Unterricht geben, ist mein Fehlen nicht so tragisch gewesen).
Inzwischen kenne ich die Kinder meiner Gruppe schon relativ gut. Trotzdem ist es immer wieder interessant, zu erfahren, was ich nur durch den Umgang mit den Kindern nicht wissen kann. Deshalb habe ich mir heute die Mappen der Kinder, in denen die Evaluationsbögen und weitere Informationen enthalten sind, mitgenommen. In meiner doch eher unfreiwilligen Pause fange ich also an, Mappe für Mappe mehr über die Kinder zu lernen.
Nach einem stressigen Schultag und einem durch Bauchschmerzen geprägten Nachmittag bin ich froh, jetzt schlafen gehen zu können.
Liebe Grüße aus Puyo, eure
Clara

Ergänzung: da meine Bauchschmerzen immer noch nicht weg sind, werde ich morgen nicht ins Instituto gehen. Es besteht allerdings kein Grund zur Sorge um mich, denn solange ich noch Blog schreiben kann, sind die Schmerzen noch ertragbar ;). Außerdem arbeite ich schon daran, den Bauchschmerzen den Kampf anzusagen. 

Mittwoch, 25. November 2015

Tag 87

Fortschritte.
Da wir heute schon um 7 Uhr im Instituto sein müssen, stehe ich heute schon um 5.50 Uhr auf. Der Grund, warum wir so früh da sein müssen, ist ein gruppenübergreifendes Projekt, das wir Freiwilligen zusammen planen. Wir präsentieren Samuel und Mario unsere bisherigen Ergebnisse und nachdem uns von Mario grünes Licht gegeben wird, ist die Besprechung nach 10 Minuten auch schon rum. Immerhin haben wir einen kleinen Fortschritt gemacht, indem wir jetzt wissen, ab wann und wann das Ganze starten kann :).
Da es Eduarda in letzter Zeit nicht ganz so gut ging, sehen sowohl Luis als auch ich es als einen großen Fortschritt, dass sie wieder aktiver ist. Wenn ich mich mit anderen Kindern beschäftige, wird sie eifersüchtig und rennt mir hinterher, zupft mich an der Kleidung oder zieht meine Hand von den anderen Kindern weg und zu sich hin :D. Außerdem höre ich sie heute das erste Mal meinen Namen sagen (oder zumindest etwas, das meinen Namen darstellen soll), was mich sehr berührt, da sie ansonsten keinen Ton von sich gibt.
Ich habe den Kindern außerdem meinen zweiten Namen gesagt, weshalb mich jetzt viele Kinder Clara Teresa oder nur noch Teresa nennen, was zumindest für die Kinder, die sprachlich nicht so weit fortgeschritten sind, wohl einfacher zu sagen ist.
Nach dem Unterricht und dem Mittagessen kehren Rahel und ich ins Instituto zurück um bei einem Vortrag über Hygiene und Sexualität der Kinder zuzuhören. Ich finde es sehr fortschrittlich, dass die Schule eine solche Veranstaltung für die Eltern anbietet, wo Sexualität hier doch ein solches Tabu-Thema ist.
Seit ein paar Tagen hatte ich die Idee, mit Rahel einen Adventskalender zusammenzustellen, bei dem jeder 12 "Türchen" aufmachen darf. Wie ich später von Ruth erfahre, ist das hier unbekannt.
Rahel und ich gehen also nach der Veranstaltung ins Zentrum und tragen dazu bei, dass der Adventskalender einen so großen Fortschritt macht, dass wir abends schon alle 24 Geschenke schon eingepackt haben.

Als ich zuhause auf meinem Bett sitze und es mir vorkommt, als würde das Haus wackeln, denke ich erst, ich bilde mir das ein aber als ich Rahel zur Überprüfung rufe, bestätigt sie mein Gefühl :D.
Zum Abendessen ist Paulina da, die zusammen mit Ruth Hühnchen in Kokossoße mit Reis, Salat und Yucca-Tortilla macht. Außerdem zeigt Paulina Ruth, wie man Quimbolitos macht, da Ruth sich bereit erklärt hat, für eine Veranstaltung in der Kirche 50 Quimbolitos zu machen. Weil das Ganze aber nicht so schwer ist, wird Ruth schnell Fortschritte machen und auch wir werden hoffentlich lernen, wie man diese kleinen in Blättern eingepackten Küchlein herstellt :).


Grüße von einer sehr erschöpften aber zufriedenen
Clara

Dienstag, 24. November 2015

Tag 86

Improvisieren.
Als ich heute Morgen aus dem Fenster des Schulbus' schaue und Eduarda mit ihrem Vater und Carlos mit seiner Mutter vor der verschlossenen Türe unserer aula sitzen sehe, ahne ich schon, dass irgendetwas nicht stimmt. Im Sekretariat wird meine Vermutung dann bestätigt: Luis ist nicht da. Da es unmöglich ist, alleine mit sieben Kindern einen strukturierten Tag mit sinnvollen Aktivitäten zu verbringen, leihe ich Alexandra heute Linea aus. Zu zweit klappt es gut mit den Kindern. was unter anderem daran liegt, dass ich mit der Zeit und vor allem auch mit der Zeit, in der ich mit den Kindern alleine war, eine gewisse Autorität in der Gruppe bekommen habe. Der improvisierte Unterricht läuft nahezu reibungslos ab. Nur in der Pause kann ich einem Wutanfall von Carlos nicht entgehen. Ich merke aber, dass ich die Kinder immer besser unter Kontrolle habe und so den Tag mit ihnen sinnvoll nutzen kann, worüber ich sehr froh bin. Auch dass ich in Luis' Abwesenheit über meine Rolle als Assistenz hinauswachse ist für mich inzwischen in Ordnung, denn wie erwähnt habe ich "meine" Gruppe (wie zwei Lehrerinnen sie heute nennen) inzwischen viel besser im Griff wie anfangs.
Trotzdem bin ich ziemlich erschöpft als ich nach Hause komme und bin froh, als ich sehe, dass noch genug von meinem (mal wieder improvisierten) Kuchen da ist, womit ich mich stärken kann :D.

(ich poste nur immer so viele Bilder von dem ganzen Essen,
da ich ungerne einen Post ohne Bild veröffentliche :D)
Da wir von unserem weltwärts-Freiwilligendienst aus alle drei Monate einen Zwischenbericht schreiben müssen und der erste Bericht bald fällig ist (wie schnell doch die Zeit vergeht :O), erledige ich das heute noch. Zum Glück muss ich fast nichts improvisieren, da ich hier auf meinem Blog schon genug veröffentlicht und erzählt habe, dass ich Vieles einfach nur übernehmen kann.
Hasta mañana,
Clara

Montag, 23. November 2015

Tag 85

Erweiterung meines Ecuador-Wissens.
Während mein Kuchen heute im Ofen ist, unterhalte ich mich ein wenig mit Ruth.
Dabei lerne ich ein paar interessante Dinge:
- Man gilt hier als arm, wenn man kein eigenes Haus besitzt.
- Geheiratet wird hier normalerweise mit 25 oder 26 Jahren, vor allem arme oder indigene Familien verheiraten ihre Töchter aber schon früher. Heute war zum Beispiel eine Frau da, die von der Organisation einer Freundin von Ruth unterstützt wird und Ruth um Rat fragen wollte. Ihre Tochter (14,5 Jahre) ist seit eineinhalb Jahren mit einem 20-jährigen Mann zusammen, den sie jetzt auch heiraten möchte. Die Mutter ist davon sehr begeistert weil sie meint, dass der Mann Geld hat, um das Studium der Tochter zu zahlen. Obwohl Ruth der Frau davon abrät, ihre Tochter jetzt schon zu verheiraten, treffen sie sich wohl morgen mit Ruths Freundin, um den Papierkram zu erledigen.
- Ein Sicherheitsmann verdient 340$ im Monat. Vor den meisten Läden stehen hier uniformierte Sicherheitsleute, die jedoch meistens sehr gelangweilt aussehen :D.
- Aufklärung durch die Eltern ist nicht üblich und wenn Lehrer das Thema in der Schule ansprechen, kann es passieren, dass die Eltern die Lehrer anzeigen. 
Was ich heute noch gelernt habe ist, dass ich mich von der Illusion, hier Speisequark finden zu können, wohl verabschieden muss... allgemein ist die Anzahl und die Auswahl der Milchprodukte hier ziemlich überschaubar ;).
Hasta pronto,
Clara

Sonntag, 22. November 2015

Tag 84

Heiratsantrag, comida típica del Ecuador und Leggingstrend.
Als wir heute Morgen im Taxi zum Instituto fahren, bekomme ich ein merkwürdiges Angebot gemacht. Beim Smalltalk mit dem Taxifahrer gebe ich zu, dass es mir bisher hier in Puyo am besten gefällt, verglichen mit den anderen Orten, die ich in Ecuador schon gesehen habe. Daraufhin meint der "taxista" (der übrigens tatsächlich noch recht jung zu sein scheint), dass ich ja für immer in Puyo bleiben könnte, wenn ich ihn heiraten würde :D. Er scheint es jedoch verkraften zu können als ich seinen Antrag ablehne ;).
Im Instituto angekommen haben viele Gruppen schon ihre Tische rund um den oberen Pausenhof aufgebaut. Zur Erinnerung: heute findet die "Kermes de la comida típica" statt, bei der jede Gruppe des Institutos ein Nationalgericht präsentiert. Auch ich stelle 2 Tische für meine Gruppe auf und warte dann darauf, dass die Eltern der Kinder eintrudeln, denen wir aufgetragen haben, die Zutaten mitzubringen. Währenddessen bastele ich ein Verkaufsschild (da alle Gerichte unter anderem auch für den Verkauf gedacht sind) und gehe die anderen Gruppen bei ihrer Vorbereitung besuchen. Endlich kommt Matías mit seiner Mutter, die den Hauptbestandteil "choclo" bzw. "mote" (= Mais) für unser Gericht mitbringt.


Da Matías' Mutter darauf bestanden hat, heute ein Foto von Matías und mir zu machen und ich sie danach gefragt habe, ob es in Ordnung sei, dieses zu veröffentlichen, was sie bejaht hat, kann ich euch jetzt ein Bild ohne verpixelte Kindergesichter zeigen.

Als ich dann schon fast aufgegeben habe, dass noch jemand kommt, geht plötzlich alles ganz schnell und im Nu ist unser Gericht "choclo mote", ein Nationalgericht der "sierra" fertig. Es besteht aus Mais, Bohnen, Fleischstücken und Kartoffelstückchen und wird mit Erdnusssoße (wozu mir Eduardas Mutter noch unbedingt das Rezept geben will), Fett und Tomaten-Zwiebel-Salat (= "curtido") serviert. Die Mütter sind sehr engagiert und da mich inzwischen auch alle kennen werde ich in ihre Gespräche miteinbezogen. Heute sehen sie mich aufgrund Luis' Abwesenheit außerdem noch als Verantwortliche, wissen dabei aber nicht, dass ich nur wenig mehr Ahnung von der Planung des Tages habe, wie sie :D. Man scheint es mir jedoch nicht angemerkt zu haben, denn am Schluss werde ich von jeder Mutter gedrückt, es wird nach meinen Kontaktdaten gefragt und sie bedanken sich bei mir dafür, wie gut ich alles auch ohne Luis im Griff habe ;D.
Sobald ich mir keinen Kopf mehr darum machen muss, dass die Mütter kommen und auch nicht mehr wegen irgendwelcher Schüsseln und Messer, die benötigt werden, durch die Schule renne, setze ich mich zusammen mit den anderen Freiwilligen auf eine Bank und wir fangen an, uns durch die verschiedenen Gerichte zu probieren.
Rahel und ich probieren als erstes "morocho con empanada" (ebenfalls ein Nationalgericht aus der "sierra"). Kaum haben wir das gegessen entdecken wir die nächste leckere Sache ("shlapingacho") und sobald wir unseren Teller leer haben setzen wir uns wieder auf die Bank und beobachten das Geschehen. Keine halbe Minute später dreht uns Samuel "maito de tilapia" an und wir sind kaum fertig, da bringt er immer weitere Teller mit leckeren Sachen, die wir schlecht ablehnen können. Auch Jenny überredet mich, ihr Gericht zu probieren und um meiner "alten Gruppe" Solidarität zu erweisen, ist auch dieses Gericht in meinem Magen herzlich willkommen :D. So kommt es, dass wir bis ca. 11 Uhr alle (bis auf 3) Gerichte probiert haben und so satt sind, dass wir uns überlegen, ob wir nicht einfach nach Hause rollen - billiger wäre es auf jeden Fall :D. Ich nutze für meine Rechtfertigung jetzt aber mal Samuels Worte: "tienen que probar todo" (= ihr müsst alles probieren).
Übrigens gab es eine Jury, die die Gerichte bewertet hat (hätte ich das früher gewusst, hätte ich mich natürlich freiwillig gemeldet :D) und meine Gruppe hat tatsächlich den zweiten Platz belegt.
Im Folgenden seht ihr eine Auswahl von den Nationalgerichten aus "sierra", "costa" und "oriente", die heute angeboten wurden und von denen ich (fast) alle probiert habe :D. Falls es Fragen zu den einzelnen Gerichten gibt, stehe ich dazu gerne zur Verfügung, denn als ich auf die Mütter gewartet habe, hatte ich genug Zeit, rauszufinden, wie die anderen Gerichte entstehen ;).


"morocho con empanada"
"agua de Wayusa" (schmeckt wie selbstgemachter, sehr süßer Eistee)
"caldo de cangrejo"
"ceviche de camarón"
"choclo mote"
"encebollado de pescado"
"maito de tilapia"


"quimbolito" (einer meiner Favoriten unter den Nachspeisen)
"llapingacho" (mein absoluter Favorit unter den Hauptgerichten)
"sopa de queso"
"empanada de yuca con tilapia" (der Gewinner des Wettbewerbs)


"ají de pollo" + "espumilla"
"caldo de 31" (= Innereieneintopf); gehörte zu den Sachen, die ich nicht probiert habe ;D
Da wir nicht beschließen, sofort nach Hause zu rollen, machen wir noch einen Umweg über das Zentrum. Während wir in einer Seitenstraße zum Zentrum laufen, sticht uns mal wieder sehr der Leggingstrend ins Auge. In fünf Minuten, in denen wir die Straße entlang laufen kommen uns 28 Frauen entgegen, 17 davon mit Leggings. Das sind knappe 2/3!! :D. Aber um ehrlich zu sein, ist das für uns überhaupt kein Problem, denn bei dem ganzen Essen hier wird es früher oder später dazu kommen, dass wir uns anpassen und auf Leggings umsteigen müssen weil wir sonst in keine Hosen mehr passen :D.
Was mir außerdem noch im Zentrum auffällt ist, die "Weihnachtsstimmung".


so sieht es gerade an jeder Ecke aus :D
Zuhause sehe ich auf Facebook, dass auch Samuels Tochter mit ihren Kindern schon heftig am dekorieren ist und heute sogar schon den Weihnachtsbaum aufgebaut hat. Wenn man einen Blick in andere Häuser erhaschen kann, scheint das aber nicht unüblich zu sein, den Baum jetzt schon zu schmücken ;).
Auf dem Heimweg sehen wir einen Schmetterling, dessen Farbe mich so beeindruckt, dass er an dieser Stelle einfach eine Erwähnung wert ist.



Als wir abends noch mit David und José unterwegs sind, wundert sich David, dass der eine Supermarkt "schon" (wir hatten es 22.45 Uhr) zu hat, was Rahel und mich amüsiert.
Mit jeder Menge Essen im Bauch und jeder Menge neuer Eindrücke gehe ich jetzt endlich schlafen.
Muchos saludos y un abrazo fuerte,
Clara

Samstag, 21. November 2015

Tag 83

Kinderkarieszähne und choclo mote.
Da Luis erst am Montag wieder zurück kommt, habe ich mir auch heute wieder Rahel zu meiner Unterstützung geholt.

Nach dem Frühstück geht es als erstes in den Kunstraum, wo wir zusammen mit Paola, der Kunstlehrerin, und den Kindern malen, wobei Rahel und ich darauf aufpassen, dass die Farbe nach Möglichkeit nur auf dem Papier landet :D. Später puzzeln wir noch, basteln ein bisschen und versuchen dabei Matías, Britany und Liliana die Zahl "3" näher zu bringen. Um die Kinder noch richtig auszupowern schicken wir sie vor dem Mittagessen noch eine Runde auf's Trampolin.
Nach dem Frühstück und nach dem Mittagessen gehört es zur Routine, dass wir mit den Kindern die Zähne putzen gehen. Am Mittwoch war auch ein Zahnarzt da um den Kindern das Zähne putzen noch einmal näher zu bringen. Da ich nicht weiß, inwiefern das von den Eltern aus beigebracht wird, bin ich sehr froh darüber, dass sich das Instituto (mit Unterstützung der Regierung) darum kümmert, dass jedes Kind zumindest Zahnpasta und eine Zahnbürste besitzt (wurden als Geschenke vom Zahnarzt verteilt) und weiß, wie man Bürste bzw. Pasta benutzt. Trotzdem bin ich jedes Mal ein bisschen geschockt, wenn ich in die Kindermünder schaue, in denen die Zähne oft deutlich von Karies befallen sind und nicht selten auch fast nur noch ein winziger Zahnstumpf übrig geblieben ist.
Von den wenig schöneren Seiten der Nahrungsaufnahme jetzt zu den Schöneren:
Obwohl morgen Samstag ist, geht es für uns morgen trotzdem ins Instituto. Es findet nämlich eine "Kermes de las comidas típicas" statt. Jede der insgesamt 16 Gruppen des Institutos wurde in eine Region Ecuadors eingeteilt, aus der sie ein Nationalgericht kochen muss. So gibt es die "costa" (= Küste), die "sierra" (= das Andenhochland) und das "oriente" (= Amazonastiefland). Meine Gruppe wurde in die Region "sierra" eingeteilt, weshalb wir morgen das typisch ecuadorianische Gericht "choclo mote" zubereiten werden. Dafür haben Luis und ich jeder Familie aufgetragen, jeweils eine Zutat dafür morgen mitzubringen.

Heute kommen dann auf einmal zwei Mütter im Instituto vorbei und wollen wissen, welche Menge an Zutaten wir brauchen. Der Witz dabei ist nur, dass ich bisher noch keine genaue Vorstellung von "choclo mote" habe, weshalb ich hoffe, dass trotz meiner Mengenangaben das Gericht morgen entstehen kann :D. Mein bisheriges Wissen über "choclo mote" ist, dass der Hauptbestandteil "choclo" bzw. "mote" (beides bedeutet "Mais", wobei "mote" große, weiße, gekochte Maiskörner sind) ist und dass verschiedene andere Zutaten, wie zum Beispiel Erdnuss-Soße, Bohnen und "curtido" (= Tomaten-Zwiebel-Salat) damit gemischt werden.
In freudiger Erwatung verabschiede ich mich für heute. Liebe Grüße, eure
Clara

Freitag, 20. November 2015

Tag 82

Matías, Britany, Liliana, Rahel und ich.
Da Luis ab heute auf einer Fortbildung in Quito ist, habe ich mir heute Rahel "ausgeliehen" damit ich mit den Kindern nicht ganz alleine bin.
Allerdings kommen heute nur drei Kinder, weshalb der Tag relativ entspannt bleibt.
Wir basteln mit den Kindern, puzzeln, besuchen den Wintergarten, lassen sie eine Runde auf dem Trampolin springen, bereiten Keksteig für morgen vor und spielen mit ihnen Domino. So viel, wie wir heute an Aktivitäten geschafft haben, schaffen wir oft nicht mal in einer Woche. Das liegt vor allem daran, dass alle 8 Kinder, die normalerweise in der Gruppe sind, alle sehr unterschiedlich sind und extrem unterschiedliche Bedürfnisse haben. Somit ist es für Luis und mich oft schwer, die Kinder für die gleichen Sachen zu begeistern und zu vermeiden, die Einen zu unter- und die Anderen zu überfordern. Außerdem ist es jedes Mal eine Herausforderung, Sachen zu finden, bei denen alle Kinder im Stande sind, sie zu tun.
Die drei Kinder die heute kommen sind Matías, Britany und Liliana , die alle ein sehr ähnliches Niveau im Bezug auf ihre Fähigkeiten haben, was mir die Sache heute extrem erleichtert.
Alle drei haben eine kognitive und intellektuelle Behinderung woraus mitunter Verhaltensauffälligkeiten resultieren.
Matías lässt sich schnell für Dinge begeistern, was sich in wild fuchtelnden Armen und Luftsprüngen bemerkbar macht. Allerdings hat er auch seine "aggressiven" Phasen in denen er Sachen umwirft, kaputt macht oder seine Klasssenkameraden schlägt.
Britany hat eine visuelle Einschränkung, ist aber selten verhaltensauffällig und auch ihre kognitive und intellektuelle Behinderung macht sich im Gegensatz zu den Anderen nicht ganz so stark bemerkbar.
Liliana hingegen ist sehr verhaltensauffällig. Wenn es in der aula Streit gibt, kann man sich eigentlich immer sicher sein, dass Liliana involviert ist. Nicht selten ist sie auch die Drahtzieherin, wenn sie ihre Klassenkameraden schlägt oder zwickt. Nicht umsonst haben ihr die Kinder den Spitznamen "Liliana la pellizcona" (= Liliana die "Zwickerin") verpasst :D. Auch ist es nicht immer einfach, sie zum Arbeiten zu motivieren und man braucht genug Geduld und Durchhaltevermögen um sie letztendlich doch dazu zu bringen, etwas zu tun.
Ich bin am Ende des Tages aber sehr zufrieden mit dem, was Rahel und ich heute mit den Kindern machen konnten und bei so einem schönen, sonnigen Tag steigt meine Laune dadurch nur weiter an :).
Un abrazo fuerte desde Puyo
Clara

Donnerstag, 19. November 2015

Tag 81

Veränderungen.
Die erste Veränderung bekommen wir heute Morgen von Samuel mitgeteilt. Bisher haben wir ja immer zusammen mit den Kindern in der Schule Mittag gegessen, was jetzt aber nicht mehr möglich ist. Die neuen Verantwortlichen möchten nämlich, dass ausschließlich die Kinder Essen im Instituto bekommen. Somit bekommen wir als auch die Mütter (die teilweise von 4 Uhr morgens bis 14 / 15 Uhr mittags unterwegs sind um ihre Kinder zu begleiten) kein Essen mehr. Dafür bekommt jede Klasse immer so viele Mittagessen ausgehändigt wie Kinder in der Gruppe sind. Obwohl heute nur vier meiner Kinder essen, bekomme ich also mehr Essen ausgeteilt und kann die Portionen dann an eben diese Mütter, die wirklich ihren ganzen Tag dafür opfern um im Instituto zu sein, weitergeben. Für uns voluntarias hat Samuel zusammen mit Marie-Elena eine neue Lösung gefunden. Marie-Elena besitzt ein kleines Restaurant ca. 5 Gehminuten vom Instituto entfernt. Dort dürfen wir jetzt immer kostenlos Mittag essen. Wie wir später merken profitieren wir so gleich zweimal ;): erstens ist es doch viel entspannter ohne das ganze Kindergeschrei zu essen und zweitens ist das Essen im Restaurant wirklich sehr lecker (das Essen im Instituto war zwar nicht schlecht aber es kann auch nicht mit dem Essen in Marie-Elenas Restaurant mithalten).
Die zweite Veränderung muss ich vornehmen, als sich Johann heute ausgerechnet in den 2 Stunden, in denen Luis kurz ins Zentrum gefahren ist, in die Hose macht. Aus seinen dreckigen Kleidern befreit, frisch gebadet, mit sauberer Hose und trocken gewischten Tränen sieht Johann dann schon wieder ganz anders aus.
Dadurch, dass wir jetzt immer in Marie-Elenas Restaurant Mittag essen werden, bekommen wir den Bus erst später und fahren heute, wie ab jetzt wohl immer, mit einer anderen Gruppe an Kindern nach Hause. Von den Kindern sind die meisten schon älter und als Rafael die Musik aufdreht, wird im Bus getanzt und gesungen :).
Die letzte Veränderung für heute nehme ich an Rahels Haaren vor. Bei der ersten Haarschneideaktion in Ecuador vertraut Rahel sich mir an und trennt sich von ihren Haarenden.
Hasta pronto
Clara

Mittwoch, 18. November 2015

Tag 80

Schock am Morgen und "Weihnachtsstimmung" am Mittag.
Auf unserer Fahrt mit dem Schulbus überholt uns heute ein Krankenwagen. Ich denke mir nichts dabei aber als wir in die Einfahrt des Institutos einbiegen, steht der Krankenwagen auf dem Pausenhof. Genauer: er steht vor "meiner" aula. Der erste Gedanke der mir kommt ist: Eduarda. Da es ihr schon seit ein paar Tagen nicht so gut geht wird mir ganz komisch bei dem Gedanken, der Krankenwagen sei wegen ihr da. Ich steige sofort aus und laufe zur aula. Als Eduarda jedoch unversehrt auf mich zutapst, fällt mir ein Stein vom Herzen. Wie ich von Luis erfahre, ist Jorge Luis (aus meiner alten Gruppe) gestürzt und hat sich das Knie verletzt. Im Laufe des Tages klärt sich aber, dass der Sturz keine schlimme Folgen hatte und letztendlich nur das Knie ausgekugelt war.
Rahel und ich bleiben heute etwas länger im Instituto, da noch Versammlungen mit den Eltern (bzw. in meinem Fall mit einem einzigen Vater - Pflichtbewusstsein ist hier nicht so :D) stattfinden, die für uns immer recht interessant sind, da wir so die Eltern und somit in gewisser Weise auch die Kinder besser kennen lernen.
Später als sonst verlassen wir also das Instituto und gehen noch ins Zentrum. Seit Ende September / Anfang November ist hier schon alles weihnachtlich dekoriert und überall kann man kitschige Weihnachtsdeko und unechte Tannenbäume kaufen. Auch der Tía hat kräftig an Weihnachtsdeko aufgerüstet und so muss ich heute einfach ein Foto machen, als wir den Supermarkt betreten.



Leider bin ich bei diesem Wetter hier noch so gar nicht in Weihnachtsstimmung aber da wir heute noch mit Ruth beschlossen haben, am 1.12. den Weihnachtsbaum aufzubauen (was für hier wohl eher spät ist), kommt vielleicht mit dem Weihnachtsbaum dann auch die Weihnachtsstimmung ;).
Bis dahin & wie immer liebe Grüße aus Puyo, eure
Clara

Dienstag, 17. November 2015

Tag 79

Ohne Titel.
Heute gibt es zu viele verschiedene Dinge zu erzählen, als dass ich sie unter einen gemeinsamen Titel stellen könnte.
Als erstes gäbe es da zu erzählen, dass mir heute so viel Essen angedreht wurde, dass es echt kein Wunder ist, dass man hier schneller zunimmt. Nach dem Frühstück zuhause und dem Frühstück in der Schule gibt es nach der Obstpause Käsebrötchen für alle. "Lista 2", die die Schülerratswahl gewonnen hat, verteilt Cola und die Brötchen an alle. Ich esse mein eigenes Brötchen und als von den Kindern noch ein 3/4 Brötchen übrig bleibt (wir geben den Kindern das Essen meistens erst stückchenweise), "zwingt" mich Luis auch noch dieses zu essen. Als wir wenig später gerade auf dem Weg zur aula sind, wird Luis in die panadería gerufen. Da er unter anderem eine Ausbildung zum Bäcker gemacht hat, wird Luis eigentlich immer, wenn die panadería besetzt ist, zum Helfen gerufen. Da es heute nur 4 Kinder in unserer Gruppe sind, nehmen wir sie kurzerhand mit in die panadería und machen empanadas. Somit bin ich gezwungen vor dem Mittagessen noch empanadas zu essen. Der Rest des Tages verläuft essenstechnisch normal sodass ich abends sicher nicht mit leerem Bauch ins Bett gehe ;).
Weiterhin kann ich erzählen, dass der neue Schülerrat heute feierlich ernannt wurde. Bei der morgendlichen Versammlung montags wird ein Rednerpult aufgebaut. Mario (der Rektor) und ein Vertreter des Aufsichtsrats für nationale Wahlen halten eine Rede und dann wird jedem Mitglied des neuen Schülerrats ein Zertifikat übergeben und Andrea, die neue Schülersprecherin bekommt eine Scherpe umgebunden.
Außerdem bekommen wir im Instituto heute Besuch aus der Schweiz. Ein paar Vertreterinnen einer schweizerischen Stiftung sind nach Ecuador geflogen und besuchen hier verschiedene Projekte, die sie unterstützen. Als sie unsere Gruppe besuchen werde ich kurzerhand als Dolmetscherin eingesetzt, da nicht alle von ihnen spanisch sprechen.
Das ganze Essen versuche ich abends in der bailoterapia übrigens wieder abzutrainieren :D.
Hasta mañana
Clara

Montag, 16. November 2015

Tag 78

Immer wieder Sonntag.
Seit neustem kommt sonntags jetzt immer Paulina zu uns (ich will ja nicht behaupten, dass das wegen dem Kuchen ist aber jedes Mal schielt sie als erstes auf den Backofen :D) und sie und Ruth kochen zusammen Mittagessen. Somit sind wir mehr oder weniger dazu gezwungen, heute ca. 1,5 Stunden nach unserem Frühstück schon wieder Mittag zu essen. Als dann ein paar Minuten später auch noch mein Kuchen (diesmal Zitronenkuchen) fertig wird, bin ich bis zum Abendessen tatsächlich pappsatt und es gibt ausnahmsweise keine weiteren Zwischenmahlzeiten :D.
Da wir jetzt langsam auf die Regenzeit zukommen, ist auch heute ein ziemlich schwüler, verregneter Tag und wir gehen nicht viel aus dem Haus.
Allgemein dient der Sonntag eigentlich immer zum Entspannen und Luft holen für die kommende Woche. Außerdem erledigen wir sonntags oft das, was die Woche über liegen geblieben ist. Dabei ist es oft sehr hilfreich, dass auch sonntags alle Läden geöffnet sind.
Da es mir immer noch durch den Kopf geht, was dem einen Freiwilligen neulich passiert ist (mit dem Betäubungsmittel), treffen wir heute außerdem noch weitere Sicherheitsmaßnahmen.
Wir speichern weitere Notfallnummern in den Handys, schreiben Ruth einen Zettel, dass sie berechtigt ist, medizinische Informationen über uns zu erfahren und speichern Ruths Handynummer in unseren Köpfen ab. Natürlich hoffe ich weiterhin, dass diese Maßnahmen nicht greifen müssen aber sicher ist eben sicher (diesmal sogar im wahrsten Sinne des Wortes :D).
Muchísimos saludos desde Puyo
Clara

Sonntag, 15. November 2015

Tag 76 & 77

"Día Weltwärts" (= Weltwärtstag).
Um 3.45 Uhr quäle ich mich am Freitag aus dem Bett.
Bis wir im Seminarort (Cumbayá, das liegt in der Nähe von Quito) ankommen gurken wir ca. 8 Stunden mit verschiedensten Bussen durch die Gegend. Das Problem ist, dass das Bussystem so verwirrend ist, dass man quasi auf die Auskunft der anderen Menschen bzw. der Busfahrer angewiesen ist, deren Aussagen nicht immer übereinstimmen. Mit der Höhe geht diesmal alles gut (keine Schwächeanfälle :D) und die eher trockene Luft in Quito (im Gegensatz zu Puyo, wo eine Luftfeuchtigkeit von 60-80% herrscht) nehme ich als sehr angenehm war.
Endlich angekommen gibt es nach der Begrüßung durch den Veranstaltungsleiter Alex und der Zimmervergabe schon Mittagessen.


Blick aus Rahels und meinem Zimmer

Danach referiert ein Vertreter der Deutschen Botschaft in Quito über seine Arbeit hier in Ecuador.
Nach dem Mittagessen mussten wir uns bei verschiedenen Workshops anmelden, die am Nachmittag stattfinden. Zuerst bin ich in einem Workshop zu Redensarten in Ecuador, dann in einem zu zeitgenössischem Tanz. Bei dem Workshop zu den Redensarten werden viele der Dinge aufgegriffen, die mir auch schon aufgefallen sind und es gibt genug Zeit, weitere Fragen zu klären. Unser Referent, ein kleiner, rundlicher älterer Herr gestaltet den Workshop sehr lustig, sodass ich viel von dem behalte, was wir dort gelernt haben.
Mit unserem profe Ignacio tanzen wir später ein wenig durch das Auditorium. 
Zwischen den beiden Workshops findet draußen ein Markt mit fair gehandelten Produkten statt. Dort haben auch einige Freiwillige ihren Stand, an dem sie die Produkte verkaufen, die sie teilweise in ihren Projekten herstellen. Neben Orangen, Marmelade und gerösteten Erdnüssen findet man auch Shampoo und Seife.
Gegen Abend machen wir ca. 100 (von insgesamt 170) Weltwärtsfreiwilligen in Ecuador uns auf den Weg in das "Colegio Alemán Quito" (= Deutsche Schule Quito). Begleitet werden wir durch die Polizei, deren Anwesenheit Alex später mit den Worten "es wäre einfach scheiße, wenn was passiert... einfach doof wäre das" (noch dazu in breitem Bayrisch) erklärt :D.
In der Schule angekommen werden wir vom Schulleiter begrüßt. Unser Weg führt danach in die Mensa, wo wir ihm Fragen stellen können und später zu Abend essen. Auch entdecken wir dort zwei vertraute Gesichter: Samuel und Rafael.
Bei der Fragerunde kommt heraus, dass für diese Schule 600$ Schulgeld monatlich gezahlt werden muss. Bei einem ecuadorianischen Durchschnittseinkommen von 350$ pro Monat, erklärt es sich von selbst, dass der Besuch der Schule eigentlich ausschließlich der oberen Mittel- und Oberschicht vorbehalten ist. Allerdings erklärt dieses Schulgeld auch die überaus moderne Ausstattung der Schule, von der sich tatsächlich auch deutsche Schulen eine Scheibe abschneiden könnten. Der Lehrplan ist dem Lehrplan in Baden-Württemberg angeglichen und es wird als "Ziel" unter anderem der deutsche Abschluss "allgemeine Hochschulreife" angeboten, mit dem dann natürlich problemlos in Deutschland studiert werden kann. Es ist wohl außerdem so, dass es nur mit Ausnahme genehmigt wird, dass Kinder, die nicht vom Kindergarten an auf der Schule waren, in die Schule kommen. Genau so schwer ist auch ein Ausstieg aus dem Schulprogramm. Vorausgesetzt für die Aufnahme in die Schule werden logischerweise Deutschkenntnisse. Die Schüler sind zu 80% Ecuadorianer und zu 20% Ausländer. Es gibt 2 Züge mit der Hauptsprache Deutsch und 3 mit der Hauptsprache Spanisch. Daneben wird natürlich die jeweils andere Sprache auch unterrichtet, genau so wie Englisch.
Nach dem Abendessen gibt es im Auditorium noch eine Vorstellung. Zuerst präsentiert sich eine Band, die mit uralten (500-2500 Jahre alt) traditionellen ecuadorianischen Instrumenten die Halle mit Tönen erfüllt. Danach tritt eine traditionelle Tanzgruppe aus Puyo (!!!) auf. Diese fordert uns, wie zuvor auch die Band, zum Tanzen auf und bald hüpfen wir alle, unter Anleitung der Tanzgruppe, wild auf der Bühne herum.
Danach ist das Programm zu Ende und ich bin froh, als ich endlich ins Bett komme.

Nach dem Frühstück gibt es heute (am Samstag) zuerst eine Einheit zur Sicherheit in Ecuador und dann eine Einheit zur Gesundheit. Bei der Einheit zur Sicherheit erzählt unter anderem einer der Freiwilligen, was ihm vor ein paar Wochen passiert ist. Er war mittags mit dem Reisebus unterwegs als sich ein adrett gekleideter Herr mittleren Alters neben ihn setzt. Sie unterhalten sich und bald bietet der Herr ihm Kekse und Saft an, was der Freiwillige zuerst noch ablehnt. Später willigt er aber doch ein und die beiden trinken zusammen (!!!) Saft und essen Kekse. Die Flasche, aus der der Freiwillige den Saft getrunken hat sah wohl originalverpackt aus und hatte auch sonst keine Auffälligkeiten. Allerdings kann er sich an die nächsten 1,5 Tage nicht mehr erinnern. Er wurde wohl am selben Tag noch am Straßenrand gefunden. Er stand unter Betäubungsmittel und sein gesamter Reiserucksack war weg. An diesem Beispiel sollten wir sehen, wie schnell so etwas gehen kann. Um jetzt keine einseitige Geschichte zu erzählen, muss ich seine Erfahrung aber noch fertig erzählen. Eine ecuadorianische Familie hat den "identitätslosen" (da sein Pass ebenfalls weg war) Deutschen im Krankenhaus abgeliefert und ihre Handynummer hinterlassen. Sobald der Freiwillige wieder ansprechbar war, wurde die Familie informiert und hat den Freiwilligen bedingungslos bei sich aufgenommen. So wie es eben überall "schlechte" Menschen gibt, gibt es zum Glück auch überall "gute" Menschen.
Auch heute finden wieder Workshops statt. Im ersten Workshop erzählt uns eine Frau, die seit 20 Jahren in Ecuador und seit 7 Jahren im Yasuní-Nationalpark lebt etwas über den Nationalpark und über die Probleme mit dem Erdöl, das dort umstrittenerweise gefördert wird. Sehr interessant ist es, als sie erzählt, dass viele indígenas (= Einheimische) über Jahre darauf warten, dass endlich eine Erdölfirma ankommt, da es oft ihre einzige Möglichkeit ist, irgendwann in ihrem Leben mal an Geld zu kommen. Dafür nehmen sie auch die Zerstörung ihrer Heimat und die damit verbundenen moralischen Konflikte in Kauf.
Später erfahren wir beim "Migrations-Workshop" etwas über die Migration in Ecuador und vor allem über die Kolumbienflüchtlinge. In Kolumbien herrscht nämlich seit 60 Jahren der längste Bürgerkrieg der Welt, weshalb viele Kolumbianer nach Ecuador fliehen. Übrigens ist Ecuador das südamerikanische Land, das am meisten Migranten aufnimmt.
Nach einer Evaluations- und Verabschiedungsrunde und dem Mittagessen machen wir uns wieder auf den Heimweg.
Kurze Anmerkung: ich hatte es schon einmal erwähnt, möchte aber nochmal kurz erklären, was "weltwärts" ist. Das "weltwärts"-Programm ist das Freiwilligendienstprogramm, das vom BMZ (Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) finanziell unterstützt wird. Auch mein Freiwilligendienst ist einer dieser Weltwärtsfreiwilligendienste und ich bin mehr als dankbar für die Möglichkeiten, die ich dadurch bekommen habe.
Wir haben das Glück, dass Rafael (unser Schulbusfahrer) gestern mit der Tanzgruppe aus Puyo angekommen ist. Somit haben wir heute den Luxus, mit unserem Schulbus und Rafael zurück fahren zu können :). Mit der lachenden, singenden und Essen austeilenden Tanzgruppe fahren wir zurück nach Puyo. Auf dem Weg sehen wir den Tungurahua Vulkan, der gerade Asche spuckt, was wirklich beeindruckend aussieht.



Auf der Fahrt von Baños nach Puyo gelingt es mir endlich mal, einen Schnappschuss der wirklich wunderschönen Strecke zu machen.



In Shell (15 Minuten von Puyo entfernt) vergessen wir aus Versehen einen der Tänzer als wir kurz Pause machen. Das führt bei den Einen zu großem Entsetzen, bei den Anderen zu heftigem Lachen. Da wir das Fehlen des Tänzers erst nach ca. 10 Minuten bemerken, dreht Rafael auch nicht mehr um :D.

Knappe zwei Tage mal wieder fast nur unter Deutschen zu sein hatte für mich positive und negative Seiten. Einerseits war es wirklich äußerst komisch, so viele, ziemlich große, teils blonde Jungs und Mädchen auf einem Haufen zu sehen, andererseits war es aber auch sehr schön. Da wir alle aus ungefähr ähnlichen Verhältnissen stammen und uns "deutsch zu sein" natürlich auch sehr verbindet (nicht nur durch die Sprache) machen wir hier, so wie ich es beim Austausch mit den Anderen mitbekomme, ziemlich ähnliche Erfahrungen. Witzig ist es auch, dass ich mehr als einmal die Frage "hast du schon zugenommen?" höre. Ein Junge antwortet darauf, dass er inzwischen ja schon "fast Brüste bekommen" habe. Auch in Sachen Gewicht geht es uns also ähnlich :D.
Wieder nach Hause, nach Puyo, zu kommen und das "Stückchen Deutschland" wieder zu verlassen hat aber auch etwas sehr Schönes. Zum Einen ist mir Puyo schon so vertraut und ich freue mich jedes Mal, wenn ich wieder "zuhause" bin, zum Anderen ist der Sinn unseres Freiwilligendienstes natürlich auch, sich auf die "fremde" Kultur einzulassen und sich eben nicht nur mit Deutschen zu umgeben.

Obwohl ich 10.000 Kilometer weit weg von Deutschland bin, bekomme ich hier natürlich trotzdem mit, was in Europa passiert. Auch unserem Veranstaltungsleiter war es wichtig, uns sofort über die Geschehnisse in Paris zu informieren. Somit sind wir gedanklich alle trotzdem auch noch in Europa und fühlen mit den Menschen dort mit und ich möchte an dieser Stelle betonen, wie sehr mich diese Ereignisse in Paris getroffen haben.

Les deseo un feliz domingo (= ich wünsche euch einen schönen Sonntag)
Clara