El Río Pastaza

El Río Pastaza
Become friends with people who aren't your age. Hangout with people whose first language isn't the same as yours. Get to know someone who doesn't come from your social class. This is how you can see the world. This is how you grow. - Unknown

Montag, 7. Dezember 2015

Tag 98 & 99

Tena - Entspannung pur und interessante Bekanntschaft.
Um 6 Uhr stehen wir am Samstagmorgen auf um um 7.15 Uhr nach Tena aufzubrechen.
Zum ersten Mal fallen mir die Sprüche auf, die im Bus an der Tür und der "Vorderwand" geschrieben stehen. Sätze wie "Gott in meinem Herzen, gib' mir dein Heil" oder "Christus liebt dich" sind zu lesen.




Nach ca. 5 Minuten machen wir Halt und legen eine Pause ein. Den Grund finde ich nicht heraus. Das Warten auf die Weiterfahrt wird durch Verkäufer erträglicher gemacht, die uns morgens um kurz nach 7 Uhr Hühnchen mit Reis andrehen wollen. Dankend lehnen wir ab ;).
Nachdem die kurvenreiche Fahrt endlich überstanden ist, schlägt uns kurz nach 9 Uhr die Hitze Tenas entgegen als wir aus dem Bus steigen.
Da das Städtchen nördlich von Puyo zum Glück nicht so groß ist, finden wir unser Hostal relativ schnell. Mit den Hängematten und dem schönen Blick über Tena lädt es zum Entspannen ein.


Blick aus unserem Zimmerfenster

Nach einer kurzen Pause machen wir uns auf den Weg um die Stadt zu erkunden. Schnell wird klar, dass es nicht schwer ist, sich zu orientieren. Außerdem merken wir, dass Tena nicht so viel Sehenswertes zu bieten hat.
Die eigentliche Hauptattraktion - der Parque Amazónico - ist leider geschlossen, weshalb wir uns ein ruhiges, schattiges Plätzchen am Fluss suchen und das kühle Nass genießen.



Bevor wir uns aufgrund des plötzlich aufkommenden Regens in eine Bäckerei retten, setzen wir unsere Entspannungstour in einem Park fort, wo man auf Steinbänken zwischen kunstvoll bemalten Säulen die Zeit genießen kann.



In der Bäckerei probieren wir etwas, dessen Name ich vergessen habe :D. Es ist flach, rechteckig und hat 2 Schichten. Die untere Schicht ist eine Art Keksteig und die obere Schicht besteht aus Baiser. Lecker war es trotz der vielen Brösel aber auf jeden Fall ;).



Als der Regen etwas nachlässt, kehren wir ins Hostal zurück. 
Gegen Abend machen wir uns auf den Weg in eine Bar / Lounge. Dort gibt eine andere Weltwärts-Freiwillige zusammen mit einem ecuadorianischen DJ ein Konzert.
Während wir im gemütlichen Außenbereich der Guayusa Lounge unsere Getränke genießen und der Musik lauschen werden wir von verschiedenen Leuten angequatscht und führen ein bisschen Smalltalk.
Ein junger Mann unterhält sich besonders lange mit uns. Er heißt Juan beziehungsweise "Wuanshu" (auf Kichwa). Als "indígena" (= Ureinwohner) zur Kultur der Kichwa gehörend hat er ein Reisebüro und führt Touristen durch die "selva" (= Dschungel) Napos und Pastazas (= zwei Provinzen Ecuadors). In meinem Leben habe ich noch nie einen so ausgeglichenen, glücklichen, aktiven und naturverbundenen Menschen wie ihn getroffen. Ich bin sehr beeindruckt von der Begeisterung mit der er erzählt. Zu seinen Lieblingswörtern gehören "me encanta" und "me gusta" (= mir gefällt (sehr)). Außerdem sagt er nach ca. jedem zweiten Satz "¿sabes?" (= weißt du!?). Da sein Redeanteil bei ungefähr 98% liegt, bin ich immer etwas überrascht wenn ich neben "sí" (= ja), "muy bien" (= sehr gut), und "no te creo" (sinngemäß: das glaube ich ja nicht) auch mal eine Antwort geben muss, die aus mehreren Sätzen besteht. Das große Thema der Unterhaltung ist das Leben und wie man seiner Meinung nach das Beste daraus macht. Der Schlüssel zum Glück ist laut Juan / Wuanshu die Verbindung zur Natur und die Freude auf alle Überraschungen, die das Leben birgt. Außerdem meint er, dass man sich keine großen Gedanken über die Zukunft machen soll, da man ja jetzt lebt und das Hier und Jetzt genießen soll.

Wie wir bei dem Gespräch mit ihm erfahren, fliegt er im Februar nach Deutschland, da er von der Fernsehshow "Galileo" eingeladen wurde. Er wird dann 3 Monate in Deutschland verbringen und bei "Galileo" ein Interview über die Kultur der Kichwa geben. Da er am liebsten die ganze Welt bereisen möchte, leuchten seine Augen als er von der Reise nach Deuschland erzählt. Er lernt auch schon fleißig deutsch und immer mal wieder baut er ein deutsches Wort in seine Sätze ein und freut sich wie ein kleines Kind, wenn wir es verstehen. Als ich eine Pause von seinem Redeschwall brauche, begeben wir uns auf die Tanzfläche.
Dort tanzt und hüpft jeder nach seinem Gutdünken zur Musik des DJs und / oder zum Gesang der Freiwilligen umher. Diese lockere, ungezwungene Atmosphäre gefällt mir sehr gut und dass fast jeder für sich alleine tanzt habe ich hier in ecuadorianischen Diskos auch noch nicht so oft erlebt. Bevor wir gehen setzen wir uns nochmal in den Außenbereich, als eine Kellnerin auf uns zukommt. Ein paar der Leute, die vorher ebenfalls mit uns geredet haben, haben ihre Getränke nicht bezahlt. Ohne ein großes Drama daraus zu machen begleicht Juan / Wuanshu kurzerhand die offene Rechnung. Später sagt er zwar, dass er das nicht gut findet aber es scheint ihn auch nicht groß zu stören. Er nimmt das Leben eben so, wie es kommt, mit den guten wie mit den schlechten Seiten.
Auf dem Heimweg gehen wir noch bei seinem Büro vorbei, da er uns seine Visitenkarte mitgeben möchte. Juan / Wuanshu fragt uns bestimmt drei Mal, ob wir müde sind und obwohl Rahel und ich dies bejahen, stoppt sein Redeschwall nicht, sondern er erzählt uns noch eine knappe Stunde, was wir mit ihm für Ausflüge / Touren unternehmen können. Da wir jetzt "amigos" (= Freunde) sind, sollen wir ihm einfach Bescheid geben, wann wir was machen wollen "y lo hacemos" (= und das machen wir). Er möchte dafür auch kein Geld haben, denn wir sind ja "amigos". Tatsächlich klingen viele Touren / Ausflüge sehr interessant und wir werden bestimmt einiges davon unternehmen (Tubbing, Rafting, Wasserfallroute, Tour in den Yasuní-Nationalpark), auch wenn wir ihm dafür natürlich trotzdem etwas zahlen wollen. Er bietet uns (und unseren anderen Freunden / Bekannten) außerdem an, wann immer wir in Tena sind, bei ihm und seiner Familie unterzukommen. Bei so viel Gastfreundschaft bin ich sprachlos aber bei meinem Redeanteil von 2% ist das ja nicht weiter schlimm :D.

Als wir dann schließlich doch auf dem Weg zum Hostal sind (wo er uns, um unsere Sicherheit besorgt, hinbegleitet), müssen wir mehrmals anhalten, da er so lachen muss, dass er nicht weiterlaufen kann. Seine Lache ist so ansteckend, dass ich mitlachen muss, unabhängig davon um was es gerade geht :D.
Um 4 Uhr liege ich dann völlig erschöpft im Bett "y duermo como oso" (= und schlafe wie ein Bär).



Am nächsten Morgen gehen Rahel und ich frühstücken. Wir finden ein kleines Café, das von einer Schweizerin geführt wird. Das Frühstück ist unglaublich lecker und während wir eine ganze Weile in Lisbeths Café verbringen, unterhalten wir uns kurz mit einem anderen Schweizer, beantworten Lisbeths Fragen und genießen die tolle Atmosphäre des kleinen, gemütlichen, internationalen Cafés.
Bevor es um 14 Uhr wieder zurück nach Hause geht, will Juan / Wuanshu uns noch treffen.
Auch heute ist er des Redens nicht müde und seine Energie und Ausstrahlung beeindruckt mich noch immer. Er erzählt uns, dass seine Familie uns unbedingt kennenlernen möchte und betont noch einmal, dass wir bei ihm und seiner Familie immer willkommen sind. Dann müssen wir die Augen schließen, denn er möchte uns noch "regalitos" (= kleine Geschenke) übergeben. Er legt uns Schmuck an, den seine Familie herstellt. Die bemalten Pflanzensamen verknüpft durch natürliche Fasern sollen uns auf Reisen beschützen und uns Glück bringen.



Um einen sehr interessanten Kontakt reicher und mit vielen Lebensweisheiten und einem großen Stück der Lebensfreude des jungen Kichwas im Gepäck geht es für uns dann wieder zurück nach Puyo.
Liebe Grüße und (etwas verspätet) einen frohen Nikolaustag wünscht aus der Ferne eure

Clara

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