El Río Pastaza

El Río Pastaza
Become friends with people who aren't your age. Hangout with people whose first language isn't the same as yours. Get to know someone who doesn't come from your social class. This is how you can see the world. This is how you grow. - Unknown

Donnerstag, 7. Juli 2016

9. & 10. Monat - Rückblick & Zusammenfassung

Obwohl inzwischen schon die Ferien angefangen haben, möchte ich es mir nicht nehmen lassen, auch zu den letzten beiden vergangenen Monaten einen kurzen Rückblick zu schreiben.
Immer mehr sind Rahel und ich inzwischen in den ecuadorianischen Alltag eingetaucht.
Neben der Kultur bekommen wir auch immer wieder die politische und wirtschaftliche Lage des Landes zu spüren.
Zu diesen Themen fand im Juni ein politischer Tag im Rahmen des "weltwärts" - Programms statt.
Der folgende Bericht gibt einen kleinen Einblick in die dort angesprochenen Themen.


Día político oder eher económico:

"1995 führten wir einen eher sinnlosen Krieg mit Peru, aber wir hatten etwas gewonnen – einen Quadratkilometer!" – ironischer Beifall im Raum. Vicente Albornoz, Dekan der Fakultät der Wirtschaftswissenschaften der Universidad de la Americas, zeigte gerade auf, wie die einzelnen Hochs und Tiefs der ecuadorianischen Wirtschaft im Zeitraum von 1965 - 2015 zu erklären sind. Dabei wurde aber nicht nur der sinnlose Krieg gegen Peru erwähnt, sondern viel mehr die zahlreichen Regierungswechsel und Wirtschaftskrisen, die das Land in der jüngeren Geschichte meistern musste. Wir Freiwilligen aus Deutschland waren begeistert, als Alexander Sitter, Organisator der Veranstaltung im Auftrag des "RED weltwärts" in Ecuador, zum Dia Politico in die UDLA nach Quito eingeladen hatte. Der Professor überzeugte mit Sachverstand und dazu mit großer Geduld (da er in jedem zweiten Satz unterbrochen wurde), um unsere zahlreichen Fragen zu beantworten. Zudem wurde der Luxus eines deutschsprachigen Vortrags genossen, da Albornoz einige Jahre seiner Studienzeit in Deutschland verbracht hatte.

Bis in die 60-er Jahre war Ecuador ein landwirtschaftsabhängiges Land und lebte mit einem Durchschnittseinkommen von 2.000$ von dem Export von Bananen, Kakao und Kaffee. Als 1973 zum ersten Mal Öl im Land entdeckt wurde, stieg das Einkommen pro Kopf um 50% an. Mit dem zusätzlichen Anstieg des Ölpreises "schwamm" Ecuador auf einmal im Geld. Doch leider wusste die Regierung des Landes nicht mit seinem neuen Vermögen umzugehen. Es wurde viel ausgegeben und wenig investiert, bis große Schuldenberge entstanden. Anfang der 80-er Jahre kam schließlich der große Kater: Erdölpreise sanken, Kredite wurden gestrichen (da eine Wirtschaftskrise den ganzen Kontinent heimgesucht hatte), schlimme Überschwemmungen aufgrund eines besonders schweren El Niño und Krieg mit Perú. Bis in die 90-er Jahre erlebte Ecuador keinerlei Wirtschaftswachstum mehr und die Schere zwischen Arm und Reich wurde immer größer. Aus dem sogenannten Zeitraum "der verlorenen Jahrzehnte" wurde das Land erst durch den aufblühenden Export von Blumen und Schrimps geholt. Das jedoch nur für kurze Zeit, da mit dem fünften Krieg gegen Perú 1995 die Reste der Staatskasse bis auf den letzten Sucre aufgebraucht wurden. Stromausfälle, eine erneute Naturkatastrophe des El Niño, sinkende Erdölpreise und eine anschließende Finanzkrise mündeten 1999 in ein albtraumhaftes Jahr mit einer Inflation von über 100 %. Da Ecuadors Export zu über 50 % aus Erdöl besteht (beinahe eine Monokultur), ist das Land extrem abhängig von internationalen Erdölpreisen und erlebt je nach Höhe des Erdölpreises dementsprechende "Aufs" und "Abs" in der Wirtschaft. Diese Abhängigkeit ist tragisch und erklärt so manche schweren Jahre in ihrer Wirtschaftsgeschichte.

Erst die Einführung des Dollars im Jahr 2000 stabilisierte das Land und lies neue Hoffnung und Optimismus entstehen (heute gibt es nur noch eine Inflation von 1,8%). In den nächsten sechs Jahren ging die Armut (= unter 3,2 $ täglich pro Kopf) im Land von 58% auf 26% zurück, - unfassbare 4% jährlich. Auch nach dem Regierungswechsel 2007 wurde unter Präsident Rafael Correa die landesweite Infrastruktur weiterhin ausgebaut, jedoch auf Kosten einer großen Verschuldung, da der Präsident alle Gelder nutzte, um sich einen größeren Regierungsapparat zuzulegen. Mit der Verdopplung der Beamten (und zusätzlich deren Gehälter!) besitzt Ecuador nun mehr Ministerien als sonst ein Land auf der Welt. Dafür wurde in 9 Jahren mehr Geld ausgegeben, als in 32 Jahren zuvor und die Staatsschulden haben sich verdreifacht. 2016 wird Ecuador nun aufgrund von ausbleibendem Wirtschaftswachstum und einem deutlichen Bevölkerungsanstieg einen Negativwachstum des BIP von 4,5% zu erwarten haben. Und wider Erwartens sind die Erdbeben von April und Mai 2016 nicht ein weiterer Faktor, der dieses Ergebnis verursachte, sondern im Gegenteil. Durch den Wiederaufbau der zerstörten Gebiete wurde Ecuadors Wirtschaft angekurbelt, sodass die Erdbeben Ecuador dieses Jahr vor einem noch deutlich schlechteren BIP – Wert gerettet haben könnte.

Mit dem Dollar gehen viele Vorteile einher, allerdings ist das kleine südamerikanische Land damit auch stark abhängig von den USA (zusätzlich zur Abhängigkeit von internationalen Erdölpreisen), da sie sich nur das Zahlungsmittel "gemobst", allerdings nicht wie in einer Währungsunion Einfluss auf ihre Geldpolitik haben. Inzwischen gilt die Lage aber als stabil und der Dollar ist nicht mehr wegzudenken. Trotzdem würde man dem Land mit Blick auf die Wirtschaft am liebsten zurufen: ¡Cuídate!.

Mit diesen Informationen kann ich nun in die Ferien starten und hoffe, euch bald von meiner Peru - Reise berichten zu können.
Bis dahin, eure
Clara

Sonntag, 3. Juli 2016

Tag 308 & 309

Verzögerter Aufbruch nach PERU.
Leider bin ich am Samstag gesundheitlich noch so angeschlagen, dass ich schätzungsweise nicht einmal 10 Stunden wach bin. Dadurch verzögert sich blöderweise auch unser Aufbruch nach Peru.
Von den zwei Monaten, die Rahel und ich jetzt noch hier in Südamerika sind, wollen wir im kommenden Monat durch Peru reisen.
Am heutigen Sonntag bin ich zum Glück wieder so fit, dass wir die Reise antreten können. Bis zum Nachmittag packen wir unsere kompletten Sachen zusammen und hinterlassen unsere Zimmer somit fast leer. Die eine Hälfte unserer Sachen wird in die Rucksäcke gepackt, die andere Hälfte kommt schon jetzt in den Koffer.
Bevor ich aufbreche, möchte ich mich noch kurz dafür entschuldigen, dass die letzten Einträge so verspätet kamen und auch in ihrer Formulierung sehr knapp gehalten sind. Ich hoffe, durch die vielen Bilder könnt ihr euch trotz allem vorstellen, wie es bei mir zur Zeit aussieht.
Ich verabschiede mich nun vorerst für längere Zeit und versuche natürlich, euch trotzdem so gut es geht auf dem Laufenden zu halten!
Man sieht sich!
Bis dahin, eure

Clara

Tag 307

Verabschiedung von meiner Gruppe.
Was den Schmerz des gestrigen Schultags gelindert hat, war das Wissen, dass ich alle "meine" Kinder heute noch einmal sehen werde.
Die Mütter meiner Gruppe haben Luis, Rahel und mich zum Grillen eingeladen weshalb wir uns heute Morgen um 10 Uhr in der Schule treffen und mit dem kleinen Schulbus zur Dique in Veracruz fahren. Leider bin ich heute Morgen mit etwas Fieber aufgewacht weshalb ich nicht zu 100% fit bin.
Die Kinder planschen im Fluss während die Mütter und Luis den Grill vorbereiten. Zufrieden genieße ich es, ein letztes Mal alle um mich versammelt zu haben. Etwa zwei Stunden später ist ein großer Korb voller Fleisch gefüllt und Doña Luz, die Mutter von Carlos häuft jedem riesige Portionen auf die Teller.











Nach dem Essen erhebt Luis die Stimme und bedankt sich noch einmal bei mir. Obwohl ich einen großen Kloß im Hals und meine Tränen nicht unter Kontrolle habe, fühle ich mich dazu gezwungen, ebenfalls etwas zu sagen. Mehrmals muss ich mich selbst unterbrechen denn meine Stimme versagt unter den Tränen. Letztendlich schaffe ich es doch, meinen Dank auszusprechen. Auch die Mütter haben feuchte Augen und als ich den Kindern meine Abschiedsgeschenke überreiche, ist es mit der Selbstbeherrschung vorbei und ich breche endgültig in Tränen aus.
In zwei Fuhren fährt Luis uns alle nach Hause. Da ich als Letztes aussteige, bleibt noch etwas Zeit, mich bei Luis für alles zu bedanken und mich dann auch von ihm zu verabschieden.

Er gibt mir viele liebe Worte und Wünsche mit auf den Weg und als ich zuhause die Türe aufschließe muss ich mich erst einmal setzen um alles zu verarbeiten.
Speziell meine Gruppe, die Kinder, die Mütter und Luis sind mir so sehr ans Herz gewachsen, dass ich mir gerade absolut nicht vorstellen kann, sie vielleicht nie wieder in die Arme schließen zu können.
Wahrscheinlich braucht das alles noch sehr viel Zeit um die Eindrücke und Erfahrungen, die ich hier vor allem auch im Instituto gemacht habe, verarbeiten zu können.
Da ich gesundheitlich leider immer noch angeschlagen bin, gehe ich früh schlafen.
Bis dann, eure
Clara

Tag 306

Der letzte Schultag und wie die Currywurst nach Puyo kam.
Als ich an meinem letzten Schultag die aula betrete, finde ich ein heilloses Chaos vor. Mitten in diesem Chaos sitzt Luis mit den Müttern der Gruppe an einem Tisch und bespricht die Zeugnisse der Kinder.
Gegen 10 Uhr versammeln sich alle in der großen sala. Die Nationalhymne wird gesungen, Reden werden gehalten und dann werden die Schüler, die in diesem Jahr die Schule verlassen, verabschiedet.





Nach und nach verlassen die Schüler zusammen mit ihren Eltern das Instituto und ich bemühe mich darum, mich von möglichst Vielen noch verabschieden zu können.
Dann wird zusammen mit den Elternvertretern jeder aula und den Lehrern zu Mittag gegessen. Ein letztes Mal sitzen wir alle versammelt an einer großen Tafel und ein letztes Mal beginnt der Streit um die Knochen (für die Hunde) :D. Bevor alle in die wohlverdienten Ferien starten, verabschieden sich Rahel und ich uns noch von jedem Lehrer. Da wir wissen, dass wir die Lehrer, die uns am meisten ans Herz gewachsen sind, noch einmal sehen werden, ist der Abschied nicht ganz so traurig.
Fast "tränenfrei" schaffen wir es zum Tor. Dann aber holen uns Maria-Elena, die Psychologin und ein paar der größeren Mädchen ein und nach einer tränenreichen Verabschiedung treten Rahel und ich ein letztes Mal über die Schwelle des Institutos.
Ein letzter Blick auf die weiß-blauen Gebäude rufen bei mir tausende Erinnerungen hervor. Immerhin 10 Monate bin ich hier Tag ein Tag aus hinein- und herausgegangen. So viele schöne Erinnerungen hängen an dieser Einrichtung. Mir fällt es sehr schwer, mich loszureißen aber so schwer und so schmerzhaft es auch ist, spüre ich eine unendliche Dankbarkeit.

Am Abend kommt Marcia zu Besuch. Wir backen insgesamt 3 Kuchen und holen den Letzten erst gegen 23 Uhr aus dem Ofen. Außerdem überlegen wir, wie wir Marcias Café zu etwas Besonderem machen können. Ich komme auf die Idee, sie könne durch das Angebot von Currywurst etwas verkaufen, was es in Puyo nur bei ihr zu kaufen gibt. Obwohl man hier natürlich vergeblich nach einer deutschen Bratwurst sucht, schmeckt die Currysoße an der ich herumexperimentiere Ruth und Marcia am Schluss so gut, dass man über die Fleischbeilage auch gut hinwegsehen kann :D.
Noch kann ich es nicht ganz glauben, dass die Instituto-Zeit jetzt vorbei ist, weshalb ich mit einem etwas verwirrten Gefühl einschlafe.
Bis ganz bald, eure
Clara

Tag 305

Willkommen zum Circo especial!
Seit ein paar Wochen fanden neben den "Aladino" - Proben auch Proben für den Zirkus statt, der heute im Rahmen eines Tages der offenen Tür stattfindet.
Nach dem Frühstück versammeln sich alle in der cancha, wo schon eine Zirkus - Manege aufgebaut ist. Der Zirkusdirektor und die Zirkusdirektorin begrüßen das Publikum und dann geht die Show los. Akrobaten, Jongleure, Tiere und ein Puppentheater erobern die Bühne.
Jede Gruppe hat etwas anderes vorbereitet. Die Gruppe der Bäckerei und der "aula hogar" laufen mit Bauchläden durchs Publikum und verkaufen Popcorn, Muffins, Hotdogs und andere kleine Snacks.
Ich finde es ein sehr gelungenes und schönes Projekt obwohl es mal wieder ein wenig an Organisation mangelt :D. Aber das sollte ich ja schon langsam gewohnt sein.














Nach dem Instituto besuchen Rahel und ich ein weiteres Mal die Casa de Fe.



Am Abend bin ich sehr müde und unglaublich froh als ich endlich ins Bett falle. 
Saludos desde Puyo,
Clara

Tag 304

Ausflug ins zoorefugio Yana Cocha.
Für den heutigen Dienstag ist ein Ausflug mit allen Schülern und Lehrern des Institutos geplant. Mit beiden Schulbussen geht es in das nahegelegene zoorefugio Yana Cocha. Wir werden in verschiedene Gruppen eingeteilt und von den dort arbeitenden Freiwilligen herumgeführt. Yana Cocha ist ein schönes Anwesen auf dem verschiedene Tiergehege zu finden sind. Wie in bisher allen Zoos, die ich hier bisher besucht habe, sind auch in Yana Cocha nur einheimische Tiere zu finden, die durch Unfälle oder andere Gründe nicht mehr alleine in der Wildnis überleben können.




Nach dem etwa einstündigen Rundgang gibt es für die Kinder Popcorn, Kuchen und Zuckerwatte. Leider ist alles etwas unorganisiert und so dauert es seine Zeit bis jedes Kind mit seinem Snack versorgt ist.
Für alle Erwachsenen gibt es super leckere, frisch gebackene empanadas und überzuckerten Wayusa-Tee.

Zwei der Yana - Cocha - Freiwilligen sprechen mich an und ich merke mal wieder, wie sehr mein Englisch gerade in den Hinterkopf gerückt ist :D.
Rahel und ich gehen heute nicht direkt nach Hause sondern machen noch einen Rundgang durchs Zentrum. Da sich von einem Paar meiner Schuhe die Sohle gelöst hat, machen wir zuerst bei einem Schuster halt. In dem kleinen Geschäft stapeln sich Schnürsenkel, Sohlen, Taschen und Geldbeutel. Gürtel hängen von der Decke herab und eine junge Frau sitzt an einer uralten Nähmaschine. Während wir auf meine Schuhe warten, werden wir in ein Gespräch verwickelt und merken gar nicht, wie schnell die halbe Stunde verstreicht.
Mit den reparierten Schuhen in der Tasche mache ich mich noch auf die Suche nach Abschiedsgeschenken für meine Gruppe und gehe dann nach Hause.
Bis bald, eure
Clara